Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar

Der BGH hat am 10.11.2022 einen Freispruch des LG Hamburg im Zusammenhang mit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen.

Das Landgericht hatte den Angeklagten am 1. März 2022 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer – inzwischen rechtskräftigen – Freiheitsstrafe verurteilt, ihn vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung indes freigesprochen. Die gegen den Freispruch gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte insgesamt 19 unrichtige Impfbescheinigungen aus. Gegen ein Entgelt trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte oder bereits ausgestellte Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes. Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der CoViD-19-Pandemie war dem Angeklagten bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten, etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen ihrer Person, vorlegen würden.

Das Landgericht hat sich insoweit aus Rechtsgründen an einer Verurteilung des Angeklagten gehindert gesehen und ihn daher freigesprochen.

Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung (a. F.) sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Insoweit hat der Bundesgerichtshof keinen Rechtsfehler festgestellt.

Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe. Dies hat der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerhaft beanstandet und deshalb den Freispruch aufgehoben.

Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das Landgericht gefolgt ist, handelt es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine "Sperrwirkung" gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier - nicht (vollständig) erfüllt ist.

Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.

Quelle:

Bundesgerichtshof | Urteil vom 10. November 2022 | Aktenzeichen 5 StR 283/22| Pressemitteilung Nr. 161/2022

Vorinstanz:

Landgericht Hamburg - Urteil vom 1. März 2022 – 634 KLs 8/21