Wenn der Vater mit dem Sohne … -
Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft (3)
Mit dem Einstieg seiner Kinder in die eigene Praxis sichert ein Praxisinhaber den Fortbestand oder sogar das Wachstum seines beruflichen Lebenswerks. Er ermöglicht seinen Kindern einen komfortablen Berufseinstieg und sich selbst den geregelten Ausstieg. Wie hierfür die steuerlichen Weichen im Rahmen der Gründung einer BAG zu stellen sind, zeigt der folgende Fall von Dr. Senior und Dr. Junior.
Beispiel 3
Dr. Senior ist 62 Jahre alt und seit Langem Inhaber seiner gut gehenden Zahnarztpraxis in einem Vorort von Hamburg. Voller Stolz berichtet er von seinem Sohn, Dr. Junior, der nun die Approbation als Zahnarzt in der Tasche und gerade seine zweijährige Assistenzzeit abgeschlossen hat. Er plant, ihn in seine Praxis aufzunehmen und seine Praxis somit noch einmal zu erweitern.
Einstieg über die Gründung einer BAG
Zu diesem Zweck gründet er ab dem 1. Juli 2011 mit seinem Sohn eine Berufsausübungsgemeinschaft. Die Aktiva (Anlage- und Umlaufvermögen) der von Dr. Senior eingebrachten Einzelpraxis belaufen sich auf 200 Tausend Euro, die restlichen Verbindlichkeiten aus der Renovierung von drei Praxisräumen auf 40 Tausend Euro. Den Wert des Patientenstamms, den sogenannten Goodwill, schätzt er auf 400 Tausend Euro. Dr. Senior möchte auch alle funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel Praxiseinrichtung und medizinische Geräte, anteilig auf seinen Sohn übertragen. Geld von den eigenen Kindern für den Einstieg in die eigene Praxis zu verlangen, widerspricht seiner Vorstellung von Familie. Deshalb soll sein Sohn keine Gegenleistung erbringen. Für die unentgeltliche Aufnahme eines Angehörigen in eine bestehende Einzelpraxis sieht das Steuerrecht keine Aufdeckung der stillen Reserven (hier: Goodwill von circa 400 Tausend Euro) vor. Im Gegenteil, der Gesetzgeber schreibt die Buchwertfortführung zwingend vor (§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG). Eine wahlweise Versteuerung der stillen Reserven ist in diesem Falle nicht möglich.
Flexibler Ein- und Ausstieg
Herr Dr. Senior ist froh darüber, dass die Gründung der BAG mit seinem Sohn steuerrechtlich so unproblematisch verlief. In etwa drei Jahren möchte er sich endgültig zur Ruhe setzen. Dann wird auch seine Tochter mit der Ausbildung fertig sein und als frischgebackene Zahnärztin in seine Fußstapfen treten und gemeinsam mit ihrem Bruder die BAG fortführen können.
Die unentgeltliche Aufnahme der Tochter würde, wie oben bereits dargestellt, zu Buchwerten erfolgen. Die Konditionen wären dieselben, wie die für den Bruder. Sollte die Tochter nach drei Jahren aber doch andere berufliche Pläne verfolgen wollen, kann Herr Dr. Senior seinen Anteil an einen Kollegen veräußern oder Dr. Junior führt die Praxis dann wieder als Einzelpraxis fort. Der rechtliche Rahmen der BAG ermöglicht eine maximale Flexibilität für alle Beteiligten.
Steuergünstige Veräußerung von Praxisanteilen
Sollte sich Dr. Senior für den Weg der Veräußerung seines Anteils an der drei Jahre zuvor gegründeten Berufsausübungsgemeinschaft entscheiden, sollte er sich auch bei diesem Schritt steuerlich beraten lassen. Da er älter als 55 Jahre ist und es sich um seine erste Praxisveräußerung handelt, kann er ggf. von dem Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG profitieren.
Der Freibetrag für den der laufenden Besteuerung unterliegenden Veräußerungsgewinn beträgt insgesamt 45.000 Euro. Er verringert sich jedoch ab einem Veräußerungsgewinn von 136.000 Euro und entfällt ab einem Veräußerungsgewinn von 181.000 Euro komplett. Dieser Freibetrag wird nur einmal im Leben gewährt und muss separat beim Finanzamt beantragt werden. Neben diesem Freibetrag gibt es bei der Veräußerung von Praxisanteilen noch weitere Steuervergünstigungen, die im Vorfeld mit einen kompetenten Beratungsteam abgeprüft werden sollten. Ebenso sollte dann auch der Zeitpunkt der Veräußerung sorgfältig geplant werden.
Schenkung kann teuer werden
Die Unternehmensnachfolge betrifft nicht nur die Einkommensteuererklärung, sondern erfordert eine ganzheitliche Betrachtung – auch unter erb- und schenkungssteuerrechtlichen Gesichtspunkten. Letzteres erfordert besonders gründliche Überlegungen mit Blick auf die Aufnahme von Dr. Junior. Die unentgeltliche Übertragung des Praxisanteils auf den Sohn stellt eine Schenkung dar, die grundsätzlich der Schenkungsteuer unterliegt. Als Sohn steht ihm ein erb- und schenkungssteuerlicher Freibetrag in Höhe von 400 Tausend Euro zu. Dabei ist zu beachten, dass mehrere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet werden. Sollte der Vater also neun Jahre später versterben und an den Sohn weiteres Vermögen vererben, so erfolgt eine Zusammenrechnung mit der früheren Schenkung, die bei Überschreiten des Freibetrages eine Versteuerung auslöst.
Verträge unter Beobachtung
Aber nicht nur bei der Unternehmensnachfolge gibt es die eine oder andere Klippe, der Beachtung geschenkt werden sollte. Denn Verträge unter nahen Angehörigen, so wie hier zwischen Vater und Sohn, unterliegen einem besonders kritischen Blick der Finanzbehörden. Ist bei einem Vertragsverhältnis zwischen fremden Personen in der Regel davon auszugehen, dass diese sich nichts schenken, so ist dieser Grundsatz aufgrund der familiären Nähe zwischen Vertragspartnern nicht in jedem Falle gegeben. Daher ist es ratsam, späteren Auseinandersetzungen mit der Betriebsprüfung durch eine im Vorfeld sorgfältige Vertragsgestaltung zu umgehen.
Alles geregelt!
Dr. Senior kann beruhigt seinen nächsten Jahren entgegensehen. Da sein Sohn (Dr. Junior) in die Praxis vollwertig mit einsteigt, kann er einerseits seine Behandlungsstunden flexibler organisieren und muss sich nicht mehr um Vertretungen für längere Urlaubsaufenthalte oder auch bei einer überraschende Erkrankung bemühen. Auch kann nun Schritt für Schritt Dr. Junior mit den Besonderheiten seines Patientenstammes vertraut werden. Sein Sohn hat nach den langen Ausbildungsjahren ohne finanzielles Risiko den Weg in die Berufspraxis gefunden. Zudem bringt er neue Ideen und „frischen“ Wind in dieneue BAG. Das Gefühl, noch etwas Neues zu wagen, bringt zusätzliche Motivation auf beiden Seiten. Für die Tochter sind alle Möglichkeiten offengehalten. Durch kluge Vertragsgestaltung wurden sowohl steuerrechtliche Risiken als auch innerfamiliäre Konflikte verhindert. Eine gute Basis für die Zukunft: Sowohl beruflich als auch privat …