Alle Vereine profitieren von der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

In der Abgabenordnung sind die steuerlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit erheblich entbürokratisiert und digitalisierbarer ausgestaltet worden, wovon alle gemeinnützigen Organisationen profitieren.

Selbst für Fachleute überraschend, ist Ende 2020 die schon seit langem angekündigte Reform des Gemeinnützigkeitsrechts mit dem Jahressteuergesetz 2020 umgesetzt worden. In der Abgabenordnung sind die steuerlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit erheblich entbürokratisiert und digitalisierbarer ausgestaltet worden. Davon profitieren alle gemeinnützigen Organisationen, von denen es in Deutschland immerhin etwa 600.000 gibt.

Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig der Einsatz für andere Menschen ist. Es ist daher eine gute Nachricht, dass Vereine und andere gemeinnützigen Organisationen gestärkt worden sind. Angestoßen durch Anträge des Bundesrats waren die umfangreichen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht erst im Zuge der parlamentarischen Beratungen, quasi in letzter Minute, in das Jahressteuergesetz 2020 aufgenommen worden.

Erweiterung der als gemeinnützig anerkannten Zwecke

Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit – und damit für die damit verbundenen steuerlichen Vergünstigungen wie insbesondere die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer – ist, dass Zwecke verfolgt werden, die nach Paragraf 52 der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt sind. Die entsprechende Liste ist um folgende Punkte erweitert beziehungsweise fortgeschrieben worden:

  • Klimaschutz (insoweit handelt es allerdings nur um eine Klarstellung),
  • Hilfe gegen Diskriminierung wegen geschlechtlicher Orientierung oder geschlechtlicher Identität,
  • Freifunk (öffentlich zugängliches Internet per Wifi durch nichtkommerzielle Initiativen, zum Beispiel in Einrichtungen wie Jugendclubs, Gemeindehäusern oder Notunterkünften)
  • Ortsverschönerung,
  • Pflege von Friedhöfen,
  • Förderung von Gedenkstätten für Sternenkinder, also Kinder die vor oder während der Geburt verstorben sind und nach den Landesbestattungsgesetzen nicht bestattet werden können sowie
  • Hilfe für rassistisch (statt rassisch) Verfolgter.

Leider konnten sich die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD nicht auf eine Klarstellung einigen, was die politische Bildung durch zivilgesellschaftliche Organisationen angeht. Durch das so genannte Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs ist hier eine große Verunsicherung entstanden. Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung finden sich aktuell nur verwirrende, widersprüchliche und veraltete Aussagen. Eine gesetzliche Regelung hätte hier Klarheit und Rechtssicherheit schaffen können.

Hintergrund: Nach der Rechtsprechung des höchsten deutschen Steuergerichts ist die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck. Eine gemeinnützige Körperschaft darf sich daher in dieser Weise nur betätigen, wenn dies der Verfolgung eines der Zwecke dient, die in Paragraf 52 der Abgabenordnung ausdrücklich genannt werden (zum Beispiel die Förderung des Umweltschutzes).

Tipp: Die neuen Zwecke sind bereits seit dem 29. Dezember 2020 begünstigt. An diesem Tag ist das Jahressteuergesetz 2020 in Kraft getreten.

Neu ist auch eine Regelung, die es Körperschaften ermöglicht, zusammen mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften arbeitsteilig vorzugehen, um gemeinsam einen steuerbegünstigten Zweck zu verfolgen. Dies ist nunmehr ein Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung.

Wichtig ist auch eine Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Vereine dürfen danach Menschen, die von der Corona-Krise betroffen sind, auch dann unterstützen, wenn die Förderung mildtätiger Zwecke eigentlich nicht zu ihrem Satzungszweck gehört. So können beispielsweise Sportvereine kostenlos Lebensmittel an Bedürftige weitergeben, ohne ihre Steuerbegünstigung zu gefährden.

Einschränkung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung

Im Prinzip müssen gemeinnützige Körperschaften jeden eingenommenen Euro (zum Beispiel Spenden, Beiträge, Erträge aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder der Vermögensverwaltung) spätestens im übernächsten Jahr ausgeben. Diese Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ist für kleine Organisationen mit jährlichen Einnahmen bis 45.000 Euro abgeschafft worden. Das gilt bereits rückwirkend für 2020.

Maßgeblich für diese neue Grenze sind die kumulierten Einnahmen aller vier Bereiche, die steuerlich unterschieden werden (ideeller Bereich, Zweckbetrieb, Vermögensverwaltung und steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb).

Tipp: Es entfällt damit für Vereine mit geringen Umsätzen auch der Nachweis von Rücklagen.

Erhöhung der Einnahmegrenze zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb

Schon für 2020 ist auch die so genannte Kleinbetriebsgrenze von 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht worden für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe sind und von steuerbegünstigten Körperschaften neben ihrer ideellen Tätigkeit unterhalten werden. Maßgeblich sind die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer.

Bis zu der Umsatzgrenze sind bei gemeinnützigen Vereinen Einnahmen aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit (zum Beispiel aus einem Vereinsheim oder einer Festveranstaltung) von der Körperschaftsteuer und von der Gewerbesteuer freigestellt.

Tipp: Wird die Grenze nicht überschritten, muss im Ergebnis der Überschuss der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe nicht ermittelt werden.

Erweiterung des Katalogs der Zweckbetriebe

Nach einer weiteren Neureglung sind Einrichtungen zur Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Bürgerkriegsflüchtlingen oder Asylbewerbern als Zweckbetrieb vom Wohlfahrtsbegriff umfasst.

Der Katalog der Zweckbetriebe ist zudem um die Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen erweitert worden.

Einführung eines zentralen Zuwendungsempfängerregisters

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 ist auch die Einführung eines zentralen Zuwendungsempfängerregisters beschlossen worden, das beim Bundeszentralamt für Steuern angesiedelt wird. Ab 2024 sollen sowohl die Steuerverwaltung als auch die Bürger einsehen können, ob ein Verein oder eine Organisation als gemeinnützig anerkannt ist oder nicht.

Ein Jahr später, ab 2025, sollen auch Vereine und Stiftungen aus dem EU- und EWR-Ausland aufgenommen werden, wenn ihre Arbeit den deutschen Gemeinnützigkeits-Regeln entspricht.

In dem öffentlich zugänglichen Register sollen insbesondere folgende Informationen einsehbar sein:

  • Name und Anschrift,
  • steuerbegünstigte Zwecke,
  • zuständiges Finanzamt,
  • Datum der Erteilung des letzten Freistellungsbescheides oder Feststellungsbescheides,
  • Bankverbindung,
  • Erwähnungen im Verfassungsschutzbericht.

Tipp: Das schafft dann endlich die vielfach geforderte Transparenz in der Gemeinnützigkeit. Öffentlich zugänglich werden Informationen darüber, wer sich wo für welche Zwecke einsetzt. Damit können sich die Bürger gezielt, strukturiert und verlässlich informieren, bevor sie spenden.

Nicht vorgesehen ist allerdings, dass Kennzahlen zur Finanzierung und zur Mittelverwendung angegeben werden.

Gleichzeitig ist das zentrale Register ein Kernelement für die digitale Abwicklung der Spendenbescheinigungen für Organisationen, Spender und die Finanzämter. Langfristig sollen Vereine die empfangenen Spenden direkt digital an die Finanzverwaltung melden.

Erhöhung der Grenze für einen vereinfachten Spendennachweis

Bei Spenden an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder eine gemeinnützige, mildtätige, kirchliche oder religiöse Organisation sowie eine politische Partei ist bereits rückwirkend ab 2020 bis zu einem Betrag von 300 Euro keine Zuwendungsbestätigung nach dem amtlich vorgeschriebenen Muster erforderlich. Zuvor lag die Grenze für Kleinbetragsspenden bei 200 Euro.

Tipp: Es genügt der Einzahlungs- oder Überweisungsbeleg beziehungsweise ein Kontoauszug.

Bei Spenden auf Sonderkonten, die für die Unterstützung der von der Corona-Krise Betroffenen eingerichtet wurden, genügt der vereinfachte Zuwendungsnachweis sogar ohne betragsmäßige Beschränkung für alle Zahlungen. Eine entsprechende Vereinfachung ist vom Bundesfinanzministerium bis Ende 2021 verlängert worden.

Erhöhung von Übungsleiter-, Betreuer- und Ehrenamtsfreibetrag

Von großer praktischer Bedeutung für Vereine ist auch die Erhöhung des Übungsleiter-, Betreuer- und Ehrenamtsfreibetrags. Erhöht wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2021

  • der Übungsleiterfreibetrag gemäß Paragraf 3 Nummer 26 des Einkommensteuergesetzes um ein Viertel von 2.400 Euro auf 3.000 Euro,
  • die Ehrenamtspauschale gemäß Paragraf 3 Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes um ein Sechstel von 720 Euro auf 840 Euro.

Auch der Betreuerfreibetrag gemäß Paragraf 3 Nummer 26b des Einkommensteuergesetzes ist um ein Viertel von 2.400 Euro auf 3.000 Euro angehoben worden.

Bis zu den Maximalbeiträgen fällt auch keine Sozialversicherung an.

Tipp: Ist eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise zumindest zeitweise nicht mehr möglich, greift eine Nichtbeanstandungsregelung des Bundesfinanzministeriums. In diesen Fällen wird es gemeinnützigkeitsrechtlich nicht beanstandet, wenn die Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschalen weiterhin geleistet werden. Das gilt zunächst bis Ende 2021.