Aktuelle Neuerungen durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz

Mit gezielten steuerlichen Erleichterungen durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz will die Bundesregierung Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger unterstützen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie so gut wie möglich abzumildern. Die Wirtschaft soll stabilisiert und die Konjunktur gestärkt werden.

Zur weiteren Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie werden Unternehmen mit mehreren Maßnahmen unterstützt, um ihre wirtschaftliche Erholung zu fördern. Mit der Verbesserung der Möglichkeiten der Verlustverrechnung und der Verlängerung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie der steuerlichen Investitionsfristen werden zusätzliche Investitionsanreize gesetzt. Eine wichtige Änderung ist zudem die Neuregelung zur Bewertung von unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als zwölf Monaten. Gleichzeitig wird insbesondere die herausragende Leistung der Pflegekräfte durch einen steuerfreien Corona-Bonus auch finanziell honoriert. Wichtige Instrumente wie die Homeoffice-Pauschale, die Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und die Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen werden noch einmal verlängert.

Im Einzelnen sieht das Gesetz folgende steuerliche Maßnahmen vor:

Verlängerung und Verbesserung der Verlustverrechnung

Verluste, die nicht vollständig innerhalb eines Veranlagungszeitraums mit positiven Einkünften anderer Einkunftsquellen oder Einkunftsarten ausgeglichen werden, konnten bislang von den positiven Einkünften des vorangegangenen Veranlagungszeitraums im Wege des Verlustrücktrags abgezogen werden.

Bis 1999 war dies bis zu einer Höhe von einer Million Euro bei Ledigen – bzw. zwei Millionen Euro bei zusammenveranlagten Ehegatten (bzw. Lebenspartnern) – möglich. Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz hatte der Gesetzgeber diese Beträge bereits für die Jahre 2020 und 2021 auf fünf Millionen Euro – bzw. bei Ehegatten auf zehn Millionen Euro – verfünffacht. Mit dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz war der Maximalbetrag dann noch einmal für die Jahre 2020 und 2021 auf zehn Millionen Euro – bzw. 20 Millionen Euro – angehoben worden. Dies gilt auch für die Betragsgrenzen beim vorläufigen Verlustrücktrag für 2020.

Jetzt ist mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz der Verlustrücktrag ab dem 1. Januar 2022 dauerhaft von einem Jahr auf zwei Jahre ausgeweitet worden. Zudem wird der erhöhte Verlustabzug von zehn Millionen Euro – bzw. 20 Millionen Euro – für die Jahre 2022 und 2023 beibehalten. Diese Neuerung führt dazu, dass nicht bereits ab dem Jahr 2022, sondern erst ab 2024 die Betragsgrenzen auf den alten Rechtsstand von einer Million Euro bei Ledigen – bzw. zwei Millionen Euro – zurückgeführt werden.

Auch ab 2022 bleibt es grundsätzlich bei der bisherigen Systematik. Der Rücktrag erfolgt zunächst in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Sollte ein Ausgleich der negativen Einkünfte hier nicht oder nur teilweise möglich sein, erfolgt der Rücktrag insoweit in den zweiten, dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum.

Es gibt allerdings einen echten Wermutstropfen. Nach altem Recht gab es nämlich ein doppeltes Wahlrecht. Das ist ab dem Veranlagungszeitraum 2022 eingeschränkt worden. Bis zum Veranlagungszeitraum 2021 war auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise vom Verlustrücktrag abzusehen. Im Antrag war daher die Höhe des Verlustrücktrags anzugeben. Steuerpflichtige konnten ganz auf den Verlustrücktrag verzichten und den Verlust komplett für das Folgejahr aufsparen. Oder sie konnten den Verlust nur mit einem bestimmten Betrag zurücktragen.

Nunmehr heißt es: Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags insgesamt abzusehen. Steuerpflichtige können somit auf die Anwendung des Verlustrücktrags zugunsten des Verlustvortrags nur noch ganz verzichten, aber nicht mehr einen Teilbetrag zurücktragen.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2022 kann somit die Höhe des Verlustrücktrags nicht mehr auf Antrag so begrenzt werden, dass Verluste nicht vom Grundfreibetrag aufgebraucht werden.

Tipp: Soweit Verluste nicht bereits im Rahmen des Verlustrücktrags verrechnet werden können, sind sie auch weiterhin in folgende Veranlagungszeiträume vorzutragen und mit den positiven verrechnungsfähigen Einkünften aus diesen Veranlagungszeiträumen zu verrechnen. Dabei kann ein vorgetragener Verlust in einem Jahr nur in Höhe von einer Million Euro – bzw. zwei Millionen Euro – in voller Höhe und für den darüberhinausgehenden Betrag nur zu 60 Prozent verrechnet werden. Der im Rahmen dieses Höchstbetrags mögliche Abzug ist zeitlich nicht begrenzt.

Zurecht wird von Unternehmen und Verbänden kritisiert, dass der Verlustrücktrag in der Praxis in der anhaltenden Krisenphase oft ins Leere laufen dürfte. Schließlich sind vielfach in den 2022 vorangegangenen Jahren krisenbedingt kaum nennenswerte Gewinne erwirtschaftet worden, die eine Verlustverrechnung ermöglichen würden. Die Verlängerung des Verlustrücktrags von einem auf zwei Jahre hilft somit angesichts der schon seit 2020 andauernden Krisen vielen Unternehmen nichts bzw. sie hilft nicht viel.

Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr

Auch die mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wieder eingeführte degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist um ein Jahr verlängert worden für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden. Zur schnellen Refinanzierung schafft die degressive Abschreibung unternehmerische Vorteile und Investitionsanreize. Auf die im Koalitionsvertrag der Ampelparteien versprochene Turbo-Abschreibung oder Super-Abschreibung warten die Unternehmen allerdings bisher vergeblich.

Tipp: Für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden, kann anstelle der linearen Abschreibung die degressive Abschreibung in Höhe von bis zu dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung, höchstens 25 Prozent, in Anspruch genommen werden. Zusätzlich können Sonderabschreibungen nach Paragraf 7g Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes (sog. Mittelstandsförderung) beansprucht werden. Damit werden mit der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von degressiver Abschreibung zusätzliche Steuerentlastungen ermöglicht, ohne bereits bestehende steuerliche Förderungen zu konterkarieren.

Verlängerung der steuerlichen Investitionsfristen

Steuerpflichtigen, die in 2022 investieren wollen, aber wegen der Corona-Pandemie nicht investieren können, wird die Möglichkeit gewährt, Investitionen in 2023 nachzuholen, da die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Um die Liquidität von Unternehmen zu erhalten, sind zudem die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen um ein weiteres Jahr verlängert worden.

Zeitlich befristete Einführung einer Steuerbefreiung für einen Pflegebonus

Vom Arbeitgeber gewährte Prämien zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise an in bestimmten Einrichtungen – insbesondere Krankenhäusern – tätige Arbeitnehmer werden bis zu einem Betrag von 4.500 Euro steuerfrei gestellt und auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht angerechnet. Dies gilt jedoch nur, wenn der Pflegebonus zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird.

Tipp: Der Kreis der Begünstigten wurde im Gesetzgebungsverfahren ausgeweitet. Begünstigt sind jetzt auch Beschäftigte

  • in Einrichtungen für ambulantes Operieren
  • in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (vorausgesetzt, es erfolgt eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung)
  • in Dialyseeinrichtungen
  • in Arzt- und Zahnarztpraxen
  • in Rettungsdiensten.

Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war vorgesehen, dass der Pflegebonus aufgrund bestimmter bundes- oder landesrechtlicher Regelungen gezahlt werden muss. Dieser Passus ist erfreulicherweise gestrichen worden. Nunmehr sind auch freiwillige Zahlungen von der Steuerbefreiung umfasst. Insbesondere auch Prämien und Sonderleistungen, die auf einer tarifvertraglichen Grundlage zustande gekommen sind.

Die Anwendung der Vorschrift ist auf den Zeitraum 18. November 2021 bis 31. Dezember 2022 beschränkt. Sie führt grundsätzlich dazu, dass entsprechende Zahlungen auch beitragsfrei sind. Das gilt aber bei der Sozialversicherung nicht rückwirkend.

Verlängerung der Home-Office-Pauschale

Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale ist um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert worden.

Tipp: Auch in 2022 kann also ein Steuerpflichtiger für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, einen Betrag von fünf Euro abziehen, maximal 600 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr. Vorausgesetzt, es liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor oder es wird auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer verzichtet.

Ausblick: Bei der demnächst vorgesehenen Evaluierung der Regelungen zum Homeoffice und zum häuslichen Arbeitszimmer will die Bundesregierung prüfen, ob es angesichts neuer Arbeitsformen sinnvoll ist, die Abziehbarkeit von Aufwendungen für einen Arbeitsplatz in der eigenen oder gemieteten Wohnung bzw. im eigenen oder gemieteten Haus sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach komplett neu zu regeln.

Verlängerung der Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld

Die bestehende Regelung zur Steuerbefreiung von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld, die bis zum 31. Dezember 2021 befristetet war, ist um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert worden.

Die Steuerfreiheit ist damit auf Zuschüsse begrenzt, die für Lohnzahlungszeiträume geleistet werden, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden. Der ab dem 1. Januar 2022 bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorgenommene Lohnsteuerabzug, bei dem von einer Steuerpflicht entsprechender Zuschüsse auszugehen war, soll von den Arbeitgebern korrigiert werden.

Abschaffung der Abzinsung von langfristigen Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz

Eine wichtige Änderung ist die Neuregelung zur Bewertung von unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als zwölf Monaten. Die steuerliche Abzinsung mit dem starren Zinssatz hatte bislang im Ergebnis eine gewinnerhöhende und somit eine steuererhöhende Wirkung. Nach der Neueregelung sind langfristige Verbindlichkeiten nicht länger mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen. Der Gesetzgeber begründet dies mit der andauernden Niedrigzinsphase. Zudem handele es sich um einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Steuervereinfachung.

Langfristige Verbindlichkeiten sind nach dem Wegfall der Abzinsungspflicht grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen – unter Beachtung der Regelungen des Paragrafen 6 Absatz 1 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes. Es sind damit bei der Bilanzierung der Verbindlichkeiten dieselben Maßstäbe anzulegen, die für alle anderen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter gelten, soweit diese keiner Abschreibung unterliegen. Damit wird nach vielen Jahren wieder ein Gleichklang zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz hergestellt. Im Handelsgesetzbuch gibt es ausschließlich eine Abzinsungsverpflichtung für Rückstellungen, aber nicht für unverzinsliche Verbindlichkeiten.

Tipp: Soweit eine Verbindlichkeit bereits in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr zu dem abgezinsten Wert passiviert wurde, ergibt sich eine Gewinnminderung in Höhe des bisherigen Abzinsungsvolumens.

Die Änderung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2022 enden. Auf formlosen Antrag kann die Neufassung aber auch schon früher angewendet werden. Somit können Steuernachforderungen aufgrund einer zinslosen Verbindlichkeit in allen offenen Fällen vermieden werden. Voraussetzung ist dabei, dass die betroffenen Veranlagungen nicht bestandskräftig sind, zum Beispiel, wenn bei einer laufenden Betriebsprüfung die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen.

Rückstellungen sind unverändert abzuzinsen. Um das zu erreichen, wurde die entsprechende Regelung ebenfalls neu gefasst. Eine inhaltliche Änderung im Vergleich zur bisherigen Lage ist damit aber nicht verbunden.

Weitere Verlängerung der Erklärungsfristen

Die Erklärungsfristen und weitere damit zusammenhängende Termine und Fristen in der Abgabenordnung werden für beratene und nicht beratene Steuerpflichtige für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 verlängert. Das ist eine sehr große Erleichterung in der Praxis.

Verlängerung der Abgabefristen für die Steuererklärungen 2020 bis 2024 (mit einer sukzessiven Abschmelzung):

Steuererklärung in 2020:

Für beratene Steuerpflichtige: 31.08.2022

Für nicht beratene Steuerpflichtige: 01.11.2021

 

Steuererklärung in 2021:

Für beratene Steuerpflichtige: 31.08.2023

Für nicht beratene Steuerpflichtige: 31.10.2022

 

Steuererklärung in 2022:

Für beratene Steuerpflichtige: 31.07.2024

Für nicht beratene Steuerpflichtige: 02.10.2023

 

Steuererklärung in 2023:

Für beratene Steuerpflichtige: 31.05.2025

Für nicht beratene Steuerpflichtige: 02.09.2024

 

Steuererklärung in 2024:

Für beratene Steuerpflichtige: 31.04.2026

Für nicht beratene Steuerpflichtige: 01.08.2025

 

Ausgeweitet worden sind auch die Fristen, innerhalb derer die Finanzbehörden die Anpassung von Vorauszahlungen vornehmen können, um damit länger und flexibler auf pandemiebedingt geringere Steuerbeträge für die Veranlagungszeiträume 2019 bis 2022 reagieren zu können.

Erweiterung der Sonderregelung zum Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt

In keinem thematischen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht die Erweiterung der Sonderregelung zum Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt. Mit der Erweiterung des Registerbezugs vom Inland auf EU-Staaten und EWR-Staaten wird eine Vereinbarung mit der EU-Kommission umgesetzt.